Wie man einem sinnlosen Gesetz Sinn verleiht

Mir ist klar, dass es Gesetz und daher Usus ist, in Stellenanzeigen nur die kollektivvertraglichen Mindestlöhne zu schreiben, weil das vom Gesetzgeber so verlangt wird. Aber es ist völlig sinnentleert und hat nichts mit der ursprünglichen Intention des Gesetzes zu tun. 

In der Gastronomie und deren Foren kommt es regelmäßig zu Entrüstungsstürmen, wenn wieder mal ein Unternehmer mehrere Mitarbeiter sucht und daher die schlechten österreichischen Kollektivlöhne aufgelistet sind, mit dem Hinweis zu möglicher Überzahlung, wie vom Gesetzgeber vorgesehen.

Warum gibt es diese komische Regelung? Sie ist der halbherzige Kompromiss aus einem Antrag, der die Schere zwischen Löhnen für Frauen und Männer schließen soll. Weil Männer sich mehr verlangen trauen, und Frauen ihre Fähigkeiten leider zu häufig unter einen Scheffel stellen. Warum auch immer.

Doch warum schreibt niemand dazu, wieviel man tatsächlich zu zahlen bereit ist?

Jedes Mal, wenn in einer Anzeige nur die Mindestlöhne stehen, wird zwar dem Gesetz entsprochen, weil halt ein Koalitionspartner sich damals mit diesem Kompromiss durchgesetzt hat, wodurch es eigentlich auch schon wieder außer Kraft gesetzt wurde, aber warum gibt der Anzeigenersteller seinen Worten, die er annonciert, was schließlich, zumindest bei Wortanzeigen, extra Geld kostet, nicht einfach den Sinn, den diese haben sollten?

Was erhofft sich ein Arbeitgeber, der nicht sein tatsächliches Budget für einen Posten inseriert, sondern den Mindestlohn, den jeder binnen 3 Sekunden mit einer Suchmaschine finden kann? 

Ist es die richtige Strategie, um die besten Leute für den Job zu finden? Kommen nur die Besten, in Strömen, weil sie sich vom Wörtchen „Überzahlung“ so angezogen fühlen? Oder will man sich einfach nur offenhalten, dass eine Frau bei der Tür reinkommt, die dasselbe kann wie der männliche Bewerber, aber 400 Euro weniger verlangt? 

Oder doch, dass man dort nur mit dem Mindestlohn angemeldet wird, weil man den Rest „bar auf die Hand“ bekommt, was zwar sehr beliebt ist bei Schuldnern und Alimentezahlern, aber letztlich nur zu einem führt: Altersarbeitslosigkeit. Wobei man bedenken sollte, dass man in der Gastronomie sehr früh alt ist.

Gut, nicht jeder ist ein Sexist oder Betrüger, manche sind einfach nur zu dumm, um die Intention zu verstehen. Sie reden sich auf den Gesetzgeber aus, „der das so vorschreibt und möglich macht“. Dabei machen sie das Unprofessionellste, das ein Unternehmer machen kann: Sie stehlen sich selbst die so wichtige Zeit. Von Vornherein einen realistischen Betrag einzusetzen spart diese nämlich. Wer sein echtes Budget bekanntgibt, spart sich Bewerbungsgespräche mit jenen, die „um das Geld sicher nicht arbeiten gehen“ genauso, wie mit jenen, die sich denken: „es wird einen Grund geben, warum ich um 500 Euro weniger verdiene, wahrscheinlich brauchen die einen Besseren.“

Zuletzt gebe ich zu bedenken, dass man für sein Geld immer das bekommt, was man bezahlt. Und beim Personal zu sparen, macht sich selten bezahlt. Auch wenn Geld niemals die einzige Motivation für gute Arbeit ist, zu wenig Geld ist jedenfalls gar keine Motivation. Und das schlägt sich am Teller nieder und in der Börse. Durch geringeren Umsatz und schlechteren Wareneinsatz. Motivierte Mitarbeiter sind achtsam. Wer mehr Geld verdient, hilft dem Chef auch lieber beim Sparen.

Wer also von vornherein einen realistischen Lohn mitteilt, hat eindeutig die besseren Karten. Er erregt die Aufmerksamkeit der richtigen Bewerbergruppe, und macht sich unverdächtig, Sexist, Betrüger oder dumm zu sein. Und das ist Dich schon einmal ein guter Anfang für ein Dienstverhältnis.


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